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Auf dem Höhepunkt des Lockdown waren zur selben Zeit Moscheen, Kirchen und Synagogen geschlossen. Heißt das, dass die kollektive Kommunikation von Mensch zu Gott während der Komplettschließung ausgesetzt wurde?
Bild: von April-Mediengruppe
Bild: von Iman A. Reimann
Seit Mitte März erlebe ich keine religiösen und gesellschaftlichen Zusammenkünfte mehr. Der gesamte Ramadan spielte sich ausschließlich im familiären Rahmen ab. Bis auf Weiteres fallen die interreligiösen Veranstaltungen aus. Eingeschränkte Kommunikation in fast allen Bereichen des Lebens. Denk- und Arbeitsprozesse wurden gestoppt und kommen erst langsam wieder in Gang. Noch trifft man sich überwiegend im virtuellen Raum. Ein Online-Meeting kann jedoch das persönliche Gespräch nicht ersetzen. Der Austausch mit Menschen fehlt mir auf vielen Ebenen. Daher empfinde ich ein Unbehagen, wenn die Situation der physischen und sozialen Distanz auf längere Sicht weiter bestehen bleibt. Wenn ich auf Bekannte treffe, sind wir uns doch fern durch den eingeforderten Mindestabstand. Wie wird unser Miteinander wohl aussehen, wenn wir noch weitere Wochen und Monate voneinander distanziert bleiben müssen? Nach den ersten Lockerungen herrscht auf den Straßen und in den Geschäften nun scheinbare Normalität. Dass es jedoch nicht wie vor dem Lockdown ist, sieht man an den Mund-Nasen-Schutz tragenden Menschen. Zu beobachten ist auch, wie bei manchen die Nerven strapaziert sind und einige ihrer Aggressivität freien Lauf lassen. Wiederum andere gehen hingegen gelassen mit den Regeln um.
Die zurückliegenden Wochen luden ein zum Reflektieren über das eigene Engagement und die politische Situation. Eine Frage, die mich beschäftigt, lautet: „Welche gesellschaftlich relevante Rolle möchte jeder von uns einnehmen?“ Der Sinn von politischem Engagement, die Notwendigkeit, wie man der interkulturellen Auseinandersetzung und den gesellschaftlichen Bedürfnissen am besten gerecht werden kann, muss neu hinterfragt werden. Ist der eigene Beruf oder das ehrenamtliche Engagement wirklich so relevant für das Zusammenleben, für die eigene Existenz? In den letzten Wochen zeigte sich für jeden Einzelnen und jede Gruppe, was wirklich wichtig ist. Wo liegen die jeweiligen Stärken und Schwächen, worauf sollte man zukünftig den Fokus der Arbeit legen?
Ein dauerpräsentes Thema wie Covid-19 verstellte vorerst den Blick auf die Tagespolitik. Wie wichtig es ist, weiterhin die politischen Entwicklungen und Fragen zu verfolgen, wurde mir durch die Berliner Bürgerplattformen (BBP) deutlich. Die Arbeit der BBP gründet sich auf das sogenannte Community Organizing (CO). Dies ist ein parteipolitisch und konfessionell unabhängiger Ansatz der zivilgesellschaftlichen Selbstorganisation, der an einem lösungsorientierten, öffentlichen Engagement auf breiter gesellschaftlicher Basis interessiert ist. Die BBP leben daher vom Kontakt der Gruppen untereinander. Die Pflege der Beziehungen zueinander sowie gemeinsame Aktionen bestimmen die Arbeit der BBP. Welche Methoden müssen ergriffen werden, um weiterhin sichtbar und hörbar zu bleiben? Es ist ein starker Moment, wenn sich über 50 Personen online vernetzen und über politisches Handeln nachdenken. Uns wurde dadurch bewusst: Trotz der Einschränkungen gibt es Formen und Möglichkeiten, sich in das politische Geschehen einzubringen. Auf welche Grundsätze des Zusammenlebens wollen wir uns verabreden? Ist es weiterhin haltbar, in WIR und IHR zu unterscheiden? Kann es nicht ein allumfassendes WIR geben? Die daraus resultierenden Ergebnisse müssen dann noch in Aktionen mit politischen Vertretern umgesetzt werden. Gerade angesichts der diversen Demonstrationen in Deutschland und des Auseinanderfallens der Gesellschaft ist es wichtiger denn je, dass die einzelnen Gruppen miteinander im Gespräch bleiben, egal ob digital oder analog.
Über die Autorin:Iman Andrea Reimann, Vorsitzende des Deutschen Muslimischen Zentrums Berlin, Leiterin der multinationalen muslimischen Elterninitiative EKT Regenbogen-Kidz.
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