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Dritte Veranstaltung in der Reihe „Zukunft der Arbeit in NRW – mit Erfahrungsstärke den Wandel der Arbeitswelt gestalten“
In der dritten Veranstaltung in der Reihe „Zukunft der Arbeit in NRW: Mit Erfahrungsstärke den Wandel der Arbeitswelt gestalten“ stand die Handelsbranche im Fokus. Digitale Technologien – wie automatisierte Kassensysteme - verändern Arbeitsplätze, Berufsbilder und die Arbeitsorganisation. Auf Beschäftigtenseite gehen diese Veränderungen oft mit Verunsicherungen über die Zukunft des Arbeitsplatzes einher. Ob sich diese Befürchtungen bewahrheiten oder digitale Innovationen als Chance genutzt werden, Qualität für Kund_innen und Arbeitsbedingungen für Beschäftigte zu verbessern, hängt entscheidend davon ab, wie und mit welchem Ziel digitale Technologien eingesetzt werden und wer an der Gestaltung des digitalen Wandels beteiligt ist.
Welche Gestaltungspotentiale es für die Transformation im (Einzel-)Handel gibt und wie diese genutzt werden können, haben wir 6. September in der Bielefelder „Hechelei“ mit Vertreter_innen aus Wissenschaft, Politik, der Gewerkschaft ver.di, Betriebsräten und vor allem den Beschäftigten diskutiert werden.
Im Zuge ihrer Eröffnung erläuterte Henrike Allendorf, Referentin im Landesbüro NRW der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass sich der Wandel in der Arbeitswelt momentan in vielen verschiedenen Bereichen vollziehen würde und damit auch die Folgen für einen besonders beschäftigungsintensiven Wirtschaftszweig beleuchtet werden müssten: den Handel in NRW. Sie lud alle Gäste dazu ein, gemeinsam über Chancen und Herausforderungen dieser Entwicklung zu diskutieren. Das Ziel: Die Gestaltungsmacht der Beschäftigten in Transformationsprozessen zu stärken.
Karin Schrader, Bürgermeisterin der Stadt Bielefeld betonte anschließend in ihrer Begrüßung die Relevanz des Wirtschaftszweigs Handel für Bielefeld. Das Ziel sei es, die rund 3100 Handelsunternehmen in Bielefeld mit ihrer Bedeutung für ein lebendiges Stadtbild und die Aufrechterhaltung der Lebensqualität zu stärken. Um Herausforderungen wie dem demografischen Wandel, wechselnden Kundenstrukturen und sich veränderndem Einkaufsverhalten angemessen zu begegnen, dürften im Sinne einer zukunftsfähigen und florierenden Innenstadt keine Denkbarrieren existieren. Dafür sei es jetzt an der Zeit die Weichen heute neu zu stellen und dabei vor allem die Beschäftigten in den Mittelpunkt zu rücken. Zum Abschluss Ihrer Rede unterstrich Karin Schrader nochmals das Potential, das die Digitalisierung auch für den stationären Handel bieten würde: „Die ehemalige Konkurrenz kann auch eine Bereicherung sein. Ganz nach dem Motto: Handel ist Wandel!“
Aber welche Folgen wird diese Transformation für die Gesellschaft haben und wie wird die digitalisierte Arbeitswelt von morgen aussehen? Welche potentiellen Chancen und Risiken eröffneten die fortschreitende Digitalisierung? Auch wenn ein „Blick in die Glaskugel“ natürlich nicht machbar sei, skizzierte Michael Stollt, Referatsleiter Mitbestimmungsportal am I.M.U. der Hans-Böckler-Stiftung, in seinem Impulsvortrag mögliche Antworten auf Fragen wie diese und stellte dafür vier mögliche Zukunftsszenarien zur Digitalisierung der Arbeitswelt vor – das Ziel dabei: „Bessere Entscheidungen in der Gegenwart zu treffen“:
• Eine denkbare Entwicklung lautet #peakperformance: Die Digitalisierung wird vorangetrieben, um Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Leistungsdruck und permanente Optimierung prägen den Arbeitsalltag. Chancen und Risiken liegen oft dicht beieinander. In immer mehr Bereichen kommt es zu einem Wettbewerb von Mensch und Maschine. • Szenario zwei geht von einer #persönlichenentfaltung aus: Die Digitalisierung trägt zu mehr individuellen Gestaltungsspielräumen, Flexibilität und Vielfalt in der Arbeitswelt bei. Staatliche Standards sichern die Teilhabe und verhindern Machtmissbrauch. Die Arbeitgeberreputation ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen. • Bei der Option des #zusammenhalts vollzieht sich die Digitalisierung eingebettet in kollektive Aushandlungsprozesse und demokratische Unternehmensstrukturen. Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern tragen maßgeblich dazu bei, dass der technologische Wandel mit Beschäftigungssicherheit und guten Arbeitsbedingungen Hand in Hand geht. • Das Szenario des #reset bildet dazu einen deutlichen Kontrast: Digitalisierung und Automatisierung führen nicht nur zu einem drastischen Verlust an Arbeitsplätzen, sondern auch zur Ausbreitung prekärer, inhumaner Arbeitsbedingungen. Das erzeugt massiven Widerstand und Konflikte, aus denen schließlich neue Ansätze von kollektivem Handeln und Solidarität sowie alternative Wirtschaftskonzepte hervorgehen.
Entwickelt wurden diese Szenarien bereits im Jahr 2019, deren Implikationen ließen sich laut Stollt allerdings problemlos auf die gegenwärtigen Gegebenheiten in der Gesellschaft und dem Einzelhandel anpassen. Er betonte allerdings auch explizit, dass die Konzeption dieser Szenarien sehr idealtypisch wäre und zukünftig eher eine Kombination mehrerer Varianten wahrscheinlich sei. Der Zweck dieser Szenarien läge vor allem darin, Anhaltspunkte für einen konstruktiven Umgang mit den komplexen Veränderungen in einer ungewissen Zukunft zu stellen. Auch er bestätigte: Die Digitalisierung sei zwar unausweichlich, aber dafür ein offener Prozess den es aktiv zu gestalten gilt, um die Zukunft in Richtung des gewünschten Szenarios zu lenken.
Christina Kampmann, MdL, unterstrich in Ihrer Videobotschaft an das Plenum, wie wichtig es sei, bei allen Planungen rund um Digitalisierungsprozesse immer auch die Auswirkungen auf die davon betroffenen Menschen und Beschäftigten im Auge zu behalten. Das Potential der Technik und die damit verbundenen Möglichkeiten müssten sozialverträglich eingesetzt und diese Entwicklung durch die Stärkung von Betriebsräten gefördert werden
Die fünf Teilnehmenden der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Alice Greschkow, Politikberaterin und Bloggerin, moderiert wurde, waren sich mit Blick auf die vier Zukunftsszenarien einig: alle können, keines muss eintreten – denkbar sind Elemente aus allen vier Szenarien. Michael Stollt betonte dabei seine Überzeugung, dass sich die Menschen zwar sehr schnell an die sich vollziehenden Veränderungen im Zuge der Digitalisierung gewöhnen werden, ihnen dafür aber unbedingt die Angst und Unsicherheit im Hinblick auf die Transformation genommen werden müsse. Dafür bedürfe es einer stärkeren Einbindung der Beschäftigten in die anstehenden Gestaltungsprozesse, die Stärkung ihrer Mitbestimmungsrechte sowie politische Maßnahmen, die den Optimierungsdruck der Wirtschaft eindämmen.
Auch Prof. Dr. Eva-Maria Walker, Professorin für Arbeitssoziologie an der Universität Darmstadt, stellte fest, dass die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen und der Wegfall von Arbeitsplätzen immer wieder zentrale Punkte in Debatten über das Thema Digitalisierung im Arbeitsmarkt darstellen. Allerdings richtete sie auch den Appell an alle Beteiligten, dass diese Ängste vor zukünftigen Veränderungen nicht zum Begleiter von Gestaltungsprozessen werden dürften. Diese Befürchtungen seien aber angesichts des aktuellen Digitalisierungsstands auch noch weitestgehend unbegründet, da das Tempo der potentiellen Veränderungen auch immer durch die Akzeptanz der Kund¬_innen reguliert werden würde. Walker unterstrich zudem auch die These von Michael Stollt und bezeichnete die Gegenwart als einen Schlüsselmoment, um die Transformation bewusst kontrollieren und nach den Bedürfnissen aller Parteien aktiv gestalten zu können.
Xenia Epp, Mitglied der Bundestarifkommission, bestätigte dieses Bild und die Sorge vieler Beschäftigten durch die zunehmende Digitalisierung durch Maschinen ersetzt zu werden. Ihre Forderung lautet daher: „Die Technik muss dem Menschen dienen nicht anders herum“. Zusätzlich müsse etwas dagegen unternommen werden, dass Arbeitgeber_innen genau diese Angst ihrer Beschäftigten dazu ausnutzen, um den Arbeitsdruck zu erhöhen und schlechte Arbeitsbedingungen zu legitimieren.
Dies kritisierte auch der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Stefan Chatziparaskewas, und machte seine Forderung nach besseren Kontrollstrukturen zum Schutz der Rechte von Arbeitnehmer_innen und ihren Vetreter_innen mehrfach deutlich. Nur dadurch sei es möglich, die Beschäftigten vor disfunktionalen Folgen und einer ungerechten Behandlung im Rahmen von Digitalisierungsprozessen in ihren Unternehmen zu schützen und ihnen dadurch die Angst vor der Transformation zu nehmen.
Auch Nina Begemann, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di im Fachbereich Handel, bestätigte dieses Bild und machte insbesondere auf die unzureichende Aufklärung von Beschäftigten über ihre Rechte sowie dem oftmals fehlenden Bewusstsein und Wissen über die Rolle und dem Auftrag von Gewerkschaften aufmerksam. Auch sie nannte die Angst vor Jobverlust als ein zentrales Problem im Kontext der Digitalisierung und mahnte, dass die Möglichkeiten der Digitalisierung von Arbeitgeberseite nicht als Druckmittel im Hinblick auf Rationalisierungsprozesse eingesetzt werden dürften: „Die Technik soll unterstützen – nicht ersetzen!"
Über konkrete Veränderungen und deren Auswirkungen im Einzelhandel wurde anschließend mit allen Teilnehmenden der Veranstaltung in einer offenen Runde diskutiert. Dabei formulierten die Beschäftigten eine Reihe von politischen Handlungsempfehlungen, die aus ihrer Sicht zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Handel im Kontext des digitalen Wandels führen würden. Die geforderten Maßnahmen reichen von der Stärkung des Tarifrechts und einem höheren Grad an Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen über Reformen des Mitbestimmungsgesetzes, einer Stärkung der Staatsanwaltschaft zur effektiveren Verfolgung von Verstößen gegen geltendes Arbeitsrecht bis hin zu einer Reform von Lehrplänen in Berufsschulen mit dem Ziel arbeitsrechtliche Grundlagen zu vermitteln sowie der Forderung Beschäftigte im Einzelhandel bei lokalpolitischer Entscheidungen zum Einzelhandel einzubeziehen.
Veranstaltungsnummer: 260678 – als .ics herunterladen
Die Arbeitswelt in NRW ist im Wandel. Durch Digitalisierung verändern sich Geschäftsmodelle, Berufsbilder, Arbeitsplätze und die Arbeitsorganisation in vielen Branchen enorm. Diese Transformationsprozesse führen auf Beschäftigtenseite oft zu Verunsicherungen. In der dritten Veranstaltung der Reihe „Zukunft der Arbeit in NRW“ steht der Handel im Mittelpunkt. Digitale Technologien haben schon vor Jahren die Arbeit im (Einzel)Handel erschwert. Online-Versandhändler wie Amazon werben den Einzelhändler_innen ihre Kund_innen ab, viele Ladenlokale müssen schließen. Dies führt natürlich auch auf Beschäftigtenseite zu Ängsten vor dem Arbeitsplatzverlust oder schlechten Löhnen. Der Handel muss sich transformieren und in der neuen Logik des Online-Shoppings seinen Platz finden.
Dienstag, 06.09.2217:30-20:00 Uhr
Teilnahmepauschale keine
Bielefeld
Henrike Allendorf Henrike.Allendorf@fes.de
Kontaktanschrift
Friedrich-Ebert-StiftungLandesbüro NRWGodesberger Allee 14953175 BonnTel. 0228-883-7202, Fax 0228-883-9208
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