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Den Blick weiten für gute Politik: Afrikanisch-Europäischer Dialog zu Migrationspolitik

Nicht zuletzt aufgrund der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist das Thema Migration aktuell weit oben auf der politischen Tagesordnung in vielen europäischen Ländern. Dabei verengt sich die Debatte zumeist auf die Verhinderung von „irregulärer“ Migration. Doch dies wird der Komplexität des Phänomens Migration oft nicht gerecht.

Viele hochrangige deutsche Regierungsmitglieder haben im vergangenen Jahr den afrikanischen Kontinent besucht und stets stand das Thema Migration weit oben auf der Agenda. So ging es etwa beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Nigeria und Kenia auch um den Wunsch Migrationsabkommen mit den beiden Ländern zu schließen. In gleicher Absicht reiste Bundesinnenministerin Faeser mit dem Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen Joachim Stamp nach Marokko. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze eröffneten darüber hinaus im März 2023 in Ghana ein Zentrum für Migration und Entwicklung, das sich für geordnete und faire Migration einsetzen soll. Auf europäischer Ebene wird derzeit mit Hochdruck an einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gearbeitet, um diese noch vor den Europawahlen im Juni 2024 abschließen zu können. Dabei scheinen sowohl die politische Debatte als auch die im Trilog zuletzt beschlossenen Vereinbarungen auf deutlich restriktivere Migrationsregime hinauszulaufen.

Afrikanische Perspektiven auf Migrationspolitik finden bislang kaum Berücksichtigung in der EU

Migration und Mobilität sind keine vorübergehenden Phänomene, sondern seit jeher Teil menschlichen Lebens. Der richtige Umgang damit bedarf also einer Politik der langen Linien. Die empirischen Realitäten von Migration und Mobilität auf und vom afrikanischen Kontinent finden bislang in europäischer Politik aber zu wenig Berücksichtigung. Gleichzeitig haben die Maßnahmen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten zum Migrationsmanagement auf dem afrikanischen Kontinent teilweise massive Auswirkungen. Diese werden von Partnern der FES oft nicht nur in menschenrechtlicher Hinsicht als problematisch angesehen, sondern können mitunter die Möglichkeiten wirtschaftlicher Entwicklung sogar einschränken. Die EU-Migrationspolitik sollte daher zukünftig die Bemühungen der Afrikanischen Union (AU), der regionalen Wirtschaftsgemeinschaften und der AU-Mitgliedstaaten um regionale Integrationsprogramme, die auch die Personenfreizügigkeit regeln, stärker unterstützen, so argumentieren afrikanische Expert_innen und Partner der FES. Es ist also Zeit afrikanische Perspektiven bei der Ausgestaltung einer klugen Migrationspolitik einzubeziehen.

Den Diskurs verändern für progressive Migrationspolitik

Der europäische Diskurs hat sich zu sehr auf die Abwehr von „irregulärer“ Migration verengt, sodass entscheidende Fakten oft nicht ausreichend präsent sind: Mehr als 85 Prozent afrikanischer Migration findet auf dem Kontinent selbst statt. Der Großteil vor Krisen und Kriegen Geflüchteter werden in den unmittelbaren Nachbarstaaten der betroffenen Länder aufgenommen. Um afrikanisches und europäisches Wissen zu Migration in den Austausch zu bringen, hat das African Migration Policy Centre der Friedrich Ebert Stiftung (FES) in Addis Abeba in Zusammenarbeit mit dem EU-Büro der FES, der Foundation of European Progressive Studies und der Fondation Jean-Jaurès in 2023 die Progressive Migration Working Group ins Leben gerufen. Die Gruppe, die sich zu gleichen Teilen aus afrikanischen und europäischen Migrationsexpert_innen zusammensetzt, hat sich zum Ziel gesetzt, den Austausch zwischen den Kontinenten zu verbessern und schließlich mit der gebündelten Expertise Politikempfehlungen für nachhaltige Migrationszusammenarbeit zwischen Europa und Afrika zu geben. Über das Jahr 2023 erarbeiteten die Expert_innen zu diversen Themenfeldern Policy Papers, die sie in Brüssel und Berlin vorstellten. Dabei wurden u. a. Empfehlungen für mehr Kohärenz in der EU-Migrations- und Entwicklungspolitik sowie die Rolle von Migrationsabkommen diskutiert. Letztere sollten künftig auf ihren rein transaktionalen Charakter verzichten zugunsten einer echten partnerschaftlichen Ausgestaltung der Abkommen. Nur so können beide Parteien auch ein genuines Interesse an der Funktionalität haben und die Missbrauchsgefahr zur einseitigen politischen Instrumentalisierung senken.

Um Vorschläge für progressive Migrationspolitik schließlich umsetzen zu können, bedarf es eines Wandels im öffentlichen Diskurs. Mit ihrer Arbeit wird die afrikanisch-europäische Progressive Migration Working Group auch in Zukunft versuchen ihren Teil zu diesem Wandel beizutragen und den Blick zu weiten für eine gerechte Migrationspolitik.


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