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Seit zehn Jahren halten die Industrieländer ihre Zusage von 100 Milliarden Dollar jährlich zur Unterstützung der Schwellenländer bei der Bekämpfung des Klimawandels nicht ein. Afrika muss indessen um die finanziellen Mittel für die Bewältigung der Klimakrise kämpfen.
Von Onke Ngcuka
Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es kaum staatliche Beihilfen für Projekte zur Senkung der CO2-Emissionen. „Die meisten Mittel stammen aus privaten Quellen“, erklärt Margaret Kuhlow, Global Finance Practice Leader beim WWF: „In Ländern mit geringer Kreditwürdigkeit, hoher Verschuldung und großer Armut ist es sehr schwer, das Investitionsinteresse des Finanzsektorszu wecken. Diese Länder müssen häufig Risikominderungsmaßnahmen vorweisen können um Finanzinstitute zum Einstieg zu bewegen.“
„Entwicklungsländer, die sich zu ehrgeizigen Klimazielen verpflichtet haben, erwarten eine ebenso ambitionierte finanzielle Unterstützung“, meint Dr. Linus Mofor, Senior Environmental Affairs Officer bei der UN-Wirtschaftskommission für Afrika (UNECA). Doch genau das passiert nicht. „Die afrikanischen Länder müssen eine Perspektive über 100 Milliarden Dollar hinaus entwickeln können“, so Mofor. „Wenn wir uns weiterhin allein auf die Klimafinanzierung verlassen und diese ausbleibt, läuft uns die Zeit davon. Die Industrieländer müssen Vertrauen und Glaubwürdigkeit demonstrieren“.
Die Industrieländer hatten zuvor versprochen, von 2009 bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, um die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel und die Eindämmung der Klimakrise in den Entwicklungsländern aufzufangen. Doch die reichen Nationen halten ihre Zusagen nicht ein. Bisher haben sie ihr Ziel wiederholt verfehlt und werden es nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) voraussichtlich erst 2023 erreichen. 2019 brachten sie 80 Milliarden Dollar – hauptsächlich in Form von Krediten – für die Klimafinanzierung auf.
Um besser für die Klimakrise gerüstet zu sein und seine Volkswirtschaften zu dekarbonisieren, hat der afrikanische Kontinent eine Aufstockung der Finanzmittel gefordert und erklärt, dass ab 2025 jährlich 1,3 Billionen US-Dollar benötigt werden. Während die globalen Klimaverhandlungen auf der COP26 in Glasgow noch andauern, ist noch immer unklar, ob die reichen Nationen dem Vorschlag Afrikas zur Klimafinanzierung und den Mechanismen zur Kontrolle der entsprechenden Mittel zustimmen werden.
Eine Lösung für afrikanische Länder, die ihre Klimaziele erreichen wollen, könnten Mischfinanzierungen sein, meinte Margaret Kuhlow. Diese Finanzierungsform würde sowohl private als auch öffentliche Mittel umfassen. So könnten die Länder zum Beispiel Beihilfen beantragen, um ein Projekt für erneuerbare Energien auf den Weg zu bringen. Sobald sich das Projekt als vielversprechend erweise, könne eine private Finanzierung für die Weiterentwicklung des Projekts beantragt werden, so Kuhlow. Da es in den Entwicklungsländern keine oder nur schwache Infrastrukturen für die Abwicklung solcher Finanzierungen gebe, käme bei der Verwaltung dieser Mittel den multilateralen Banken eine wichtige Funktion und eine Art Mittlerrolle zu.
Im südlichen Afrika übernimmt beispielsweise die Development Bank of Southern Africa (DBSA) eine wichtige Funktion, wenn es darum geht, sicherzustellen, dass die Länder ihre Klimaziele erreichen können, indem sie in Projekte zur Anpassung an den Klimawandel und zur Eindämmung der Klimakrise investieren. Südafrikas Bemühungen, die Emissionen zu senken und auf saubere Energieträger umzusteigen, werden von der DBSA unterstützt. Eine maßgebliche Rolle spielt die Bank etwa im Rahmen des staatlichen Beschaffungsprogramms für unabhängige Stromerzeuger für erneuerbaren Energien (Renewable Energy Independent Power Producer Procurement Programme - REIPPPP). Dieses Programm wurde von Power Africa, einem Projekt der amerikanischen Entwicklungsagentur USAID, unterstützt – auch dies ein Beispiel für eine Mischfinanzierung.
Südafrika nimmt allerdings auf dem afrikanischen Kontinent eine Sonderstellung ein, weil es im Unterschied zu vielen anderen Staaten in Afrika als Land mit mittlerem Einkommen eingestuft wird. Nach Meinung von Finanzexpertin Margaret Kuhlow könnte dies den Zugang zu Finanzmitteln für Mischfinanzierungen anspruchsvoller Klimaschutzziele erschweren, sodass der Klimafinanzierung eine noch wichtigere Funktion zufiele.
Linus Mofor von der UNECA gibt außerdem zu bedenken, dass die Entwicklungsländer gezwungen seien, umzudenken, weil die ihnen zugedachten 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung inzwischen nicht mehr ausreichten.
Zwischen 2014 und 2018 haben die reichen Länder nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jährlich 5,5 Milliarden Dollar für Anpassungsprojekte in Afrika bereitgestellt. Dies entspricht 5 US-Dollar pro Person und Jahr, verteilt auf 54 Länder. Mosambik, Simbabwe und Malawi belegten im Globalen Klima-Risiko-Index 2021 von Germanwatch e. V. den ersten, zweiten bzw. fünften Platz. In der Liste der Empfängerländer, die Mittel für die Klimafinanzierung erhalten, rangieren diese Länder jedoch auf den Plätzen 32, 108 und 75.
Linus Mofor ist der Meinung, dass die Entwicklungsländer sich nach Alternativen umsehen müssen, um die mit privatwirtschaftlichen Investitionen verbundenen Risiken zu mindern. Eine denkbare Möglichkeit seien zum Beispiel Partnerschaften mit reichen Ländern.
So hat beispielsweise Südafrika auf der COP26 eine Partnerschaft mit Großbritannien, den USA, der EU, Frankreich und Deutschland angekündigt, um den gerechten Übergang des Landes zu erneuerbaren Energiequellen finanzieren und seine Abhängigkeit von der Kohlekraft – sie deckt derzeit 80 Prozent des südafrikanischen Energiebedarfs – reduzieren zu können.
Als eine weitere Möglichkeit, den privaten Sektor für Investitionen in Entwicklungsländern zu gewinnen, sieht Mofor die Anpassung der nationalen Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) als Instrument zur Entwicklung bankfähiger Projekte (also möglicher privatwirtschaftlicher Investitionsprojekte): „Die afrikanischen Länder können ihre NDCs auf den Prüfstand stellen und so überarbeiten, dass sie mehr bankfähige Projekte beinhalten. Dies hätte zur Folge, dass sie für Investoren aus der Privatwirtschaft lukrativ werden und die Länder nicht auf Mittel aus dem öffentlichen Sektor zurückgreifen müssen.“
Auf der COP26 kündigte die Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) – ein Zusammenschluss von 450 Finanzinstituten unter dem Vorsitz von Mark Carne, dem früheren Gouverneur der Bank of England – zusätzliche 130 Billionen US-Dollar für grüne Projekte in Entwicklungsländern an. Die Banken, die rund 40 Prozent des weltweiten Finanzvermögens besitzen, gaben Mittelzusagen für Länder, die ihre Netto-Null-Ziele bis 2050 erreichen wollen. Allerdings werden bei dieser Finanzierung für die Schwellenländer zentrale Probleme wie Anpassungslasten und klimabedingte Schäden und Verluste nicht berücksichtigt.
Unklar ist auch nach wie vor, wer zur Zielgruppe für diese Mittel gehört, wer sie vorrangig erhalten soll und wie die Mittel zugewiesen werden. Ob diese privaten Gelder auf die von den reichen Nationen zugesagten 100 Milliarden Dollar pro Jahr angerechnet werden, ist ebenfalls noch nicht geklärt.
Nach Angaben der OECD haben die Entwicklungsländer im Zuge von Covid-19 fast 20 Billionen Dollar für die Pandemiebekämpfung mobilisiert. Die Entwicklungsländer sind also ganz offensichtlich durchaus in der Lage, den Erfordernissen und ihrer Aufgabe gerecht zu werden, wenn es darauf ankommt.
Auf der COP26 kündigte eine Koalition von mehr als 40 Ländern an, aus der Kohleverstromung auszusteigen – ein Beschluss, der mit 20 Milliarden US-Dollar unterlegt wird. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssten jedoch laut einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) bis 2030 weltweit rund 4 Billionen Dollar investiert werden.
Aus dem Englischen von Christine Hardung
Onke Ngcuka berichtet in der Daily Maverick-Redaktion Our Burning Planet in Südafrika über die Klimakrise und die Umwelt. Ngcuka schreibt nicht nur über die Krise, sondern versucht auch, ihre Auswirkungen zu begrenzen, indem sie versucht, ein umweltfreundliches Leben zu führen. Sie ist außerdem Stipendiatin für Klimagerechtigkeit im Rahmen eines Programms der Rosa-Luxemburg-Stiftung und von JournAfrica!
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