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Die Inhaftierung von Kindern im Kontext internationaler Migration muss ein Ende haben.
In den letzten Jahren hat sich in der Frage der Inhaftierung von Kindern im Kontext internationaler Migration ein globaler, auf internationalem Recht basierender Konsens herausgebildet. Er besagt, dass die Inhaftierung von Kindern in jedem Fall ihre Rechte verletzt und gegen die Grundsätze des Kindeswohls verstößt. Mehrere UN-Gremien haben die Mitgliedsstaaten aufgefordert, diese Praxis zu beenden und kinderrechtskonforme Alternativen einzuführen. Die derzeitigen Verhandlungen über das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) stellen jedoch eine Gefährdung dieses Fortschritts dar und drohen Haft und haftähnliche Zustände auch für Kinder an den Außengrenzen Europas zu etablieren.
Auswirkungen von Haft auf Kinder
Die katastrophalen Folgen der Inhaftierung von Kindern sind vielfach belegt. Sie kann tiefgreifende und dauerhafte negative Auswirkungen auf das geistige, emotionale und körperliche Wohlbefinden haben. Sie führt zu Entwicklungsstörungen, erhöht das Risiko einer Traumatisierung und kann langfristige psychische Probleme mit sich bringen. Haft und haftähnliche Zustände verstoßen außerdem gegen die Menschenrechte und sind eine Form der Gewalt gegen Kinder.
Die Inhaftierung von Kindern im Kontext internationaler Migration kann, selbst wenn sie nur von kurzer Dauer ist, langfristige Folgen haben, nicht nur für die direkt Betroffenen, sondern auch für ihre Familien und die Gesellschaft insgesamt. Entwicklungsverzögerungen, Familientrennungen, generationenübergreifende Traumata, unterbrochene Bildungsbiographien, erhöhte wirtschaftliche Kosten und andere dauerhafte Folgen, die die gesamte Gemeinschaft betreffen, sind hier zu nennen.
Der UN-Migrationspakt und das Überprüfungsforum des Pakts: zwei Schritte vorwärts...
Im Einklang mit dem weltweiten Konsens gegen die Inhaftierung von Kindern im Kontext von internationaler Migration hat der Globale Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration, kurz: UN-Migrationspakt 2018 in seinem Ziel 13 (h) eine kühne Vision formuliert, nämlich "dass die Praxis der Freiheitsentziehung bei Kindern im Kontext internationaler Migration beendet wird". Die Aufnahme dieser Bestimmung in den Vertragstext war nicht selbstverständlich und beruht auf dem unermüdlichen zivilgesellschaftlichen Engagement der International Detention Coalition (IDC) und ihren Mitgliedern und Verbündeten, die sicherstellten, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht.
Während des Internationalen Überprüfungsforums zum UN-Migrationspakt im Jahr 2022 - einer wichtigen Gelegenheit für die Regierungen, eine Bilanz der Fortschritte bei der Umsetzung des UN-Migrationspakts zu ziehen - war die Frage erneut umstritten. Es gab jedoch auch Fortschritte in Form von Zusagen einiger Staaten, darunter Kolumbien, Deutschland, Mexiko und Thailand, die sich für die Beendigung der Inhaftnahme von Kindern und die Förderung von Alternativen einsetzen wollen. Deutschland verpflichtete sich auf dem Überprüfungsforum auf der Grundlage einer Aussage im Koalitionsvertrag insbesondere dazu, "in Zukunft keine Kinder mehr in Abschiebehaft zu nehmen". Staaten wie Thailand haben Schritte unternommen, um sicherzustellen, dass Kindern nicht aus einwanderungsbedingten Gründen die Freiheit entzogen wird. Andere wie Kolumbien haben sich generell gegen die Inhaftnahme von Kindern ausgesprochen und diese Vorgabe auch in ihrem nationalen Migrationsmanagementsystem umgesetzt, obwohl sich Millionen von Migrant_innen und Flüchtlingen auf kolumbianischem Staatsgebiet befinden.
…und einen Schritt zurück?
Angesichts des Verhandlungsstands zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, kurz: EU-Asylpakt fällt es trotz einiger Fortschritte auf globaler Ebene schwer optimistisch zu bleiben. Denn dieser wird wahrscheinlich zu mehr Inhaftierungen aus einwanderungsbedingten Gründen führen. Im Rahmen des Paktes sollen Grenzverfahren eingeführt werden, die die Inhaftierung und den Freiheitsentzug von Menschen beinhalten, die über irreguläre Routen einreisen, darunter auch Familien und Kinder. Diese Verfahren wären obligatorisch für Personen, die aus Ländern mit niedrigen Asylanerkennungsquoten kommen, die falsche Papiere verwenden oder die als Gefahr für die nationale Sicherheit angesehen werden. Kinder, auch solche unter 12 Jahren und in Begleitung von Familien, können im Rahmen dieser Grenzverfahren in Gewahrsam genommen werden, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Dies weicht vom ursprünglichen Vorschlag der Kommission ab und steht in direktem Widerspruch zu der von der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtung, auf die Beendigung der Inhaftierung von Kindern bei der Einwanderung hinzuarbeiten.
Dies sind sehr besorgniserregende Perspektiven. Die Ausweitung der Grenzverfahren könnte zu einem alarmierenden Anstieg der Zahl der Inhaftierungszentren an den EU-Außengrenzen führen. Dieser Ansatz birgt außerdem das Risiko von Pushbacks und der weiteren Kriminalisierung von Migrant_innen. Er wirft auch Fragen über den möglichen Aufbau neuer Hafteinrichtungen an den Außengrenzen der EU auf. In Verbindung mit der Verschärfung der Abschiebemaßnahmen wird die Stoßrichtung des Paktes, die "Sekundärmigration" zu beenden und die rechtlichen Garantien, den Rechtsbeistand und die Einlegung von Rechtsmitteln zu reduzieren, zu erheblichen Problemen in Bezug auf ein ordnungsgemäßes Verfahren und den Schutz von Personen in gefährdeten Situationen, einschließlich Familien und Kindern, führen.
Es besteht die Gefahr, dass die bisher erzielten Fortschritte in Bezug auf die Inhaftierung von Kindern im Kontext internationaler Migration, sowohl in normativer Hinsicht als auch in der Praxis, gefährdet werden. Indem sie die Inhaftierung von Familien und Kindern ausweiten, setzen die EU-Staaten auch weltweit ein fatales Signal, anstatt die Führung zu übernehmen und diese Praxis ein für alle Mal zu beenden.
Fortschritte zur Beendigung der Inhaftnahme von Kindern und Jugendlichen
Für eine Welt, in der Kinder mit Würde behandelt werden, ihre Rechte geachtet werden und ihr Wohlergehen an erster Stelle steht, müssen Länder wie Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen. Deutschland hat seine Position in Bezug auf die Inhaftierung von Kindern in einer Protokollnotiz zum Abschlussdokument der Tagung des EU-Innenrats im Juni dargelegt. Es machte seine Absicht deutlich, sich weiterhin für die Rechte von Kindern und jungen Menschen auf der Flucht einzusetzen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Verpflichtungen auch in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden und ihren Niederschlag in den weiteren Verhandlungen des Pakts finden.
Was wir für die Zukunft brauchen, ist nichts weniger als mutiges Vorangehen. Wir müssen die derzeitige Dynamik nutzen, um die Inhaftnahme von Kindern zu beenden und in eine sichere und nachhaltige Zukunft für Kinder und Jugendliche in unseren Gemeinschaften zu investieren. Das bedeutet, dass wir Kinder unabhängig von ihrem Einwanderungsstatus als Kinder behandeln, ihnen Freiheit gewähren und sicherstellen, dass ihr Wohl im Mittelpunkt steht. Die Inhaftierung von Kindern im Kontext internationaler Migration ist nicht im Interesse des Kindes und wird es auch nie sein. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen und eine Welt zu schaffen, in der jedes Kind ein sicheres, würdiges und freies Leben hat.
Carolina Gottardo ist Feministin und Anwältin mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Menschenrechts-, Migrations- und Genderarbeit in verschiedenen Regionen. Derzeit ist sie Geschäftsführerin der International Detention Coalition (IDC), wo sie sich für die Beendigung der Inhaftierung im Kontext von Migration einsetzt. Carolina ist Mitglied der Expert_innengruppe von UN Women, die sich mit den Menschenrechten von Frauen im Rahmen des Global Compact for Migration befasst, ist CO-Leiterin der Arbeitsgruppe für Alternativen zur Inhaftierung im UN-Netzwerk für Migration und Mitglied des Lenkungsausschusses des UN Migration Multi Partner Trust Funds. Carolina ist auch in verschiedenen NRO-Vorständen tätig, darunter das Asia Pacific Refugee Rights Network und das Women in Migration Network.
Die im Artikel zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Äußerungen der Gastautor_innen spiegeln nicht notwendigerweise die Haltung der Friedrich-Ebert-Stiftung wider.
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