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Arbeit | 4. September 2023 | Bericht von Paula Schweers | Lesezeit: 3 Minuten
Viele Dörfer und Kleinstädte in Ostdeutschland haben mit Bevölkerungsschwund und Überalterung ihrer Einwohner_innen zu kämpfen. Junge Menschen wandern in die Großstädte mit ihren vielen Möglichkeiten, Bildungsangeboten und Jobchancen ab. Einige Landkreise im südlichen Brandenburg, in Sachsen-Anhalt oder in Thüringen könnten bis 2035 noch einmal rund ein Viertel ihrer heutigen Bewohner_innen verlieren. Das hat das Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung auf Grundlage von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder errechnet.
Zugleich wird das Landleben für ein urban geprägtes, akademisches Milieu interessanter. Die Coronapandemie mit ihrer neuen Homeoffice-Kultur und die steigenden Mieten in den Metropolen haben Debatten über flexible Formen digitalen Arbeitens auf dem Land angestoßen. Eine aktuelle Studie des Berlin Instituts und des gemeinnützigen Think Tanks neuland21 von 2019 hat diese Phänomene analysiert und 18 Projekte untersucht, die bereits in Dörfern und Kleinstädten gemeinschaftliche Wohnformen und innovative Arbeitsmodelle erproben. Hieraus haben sie Empfehlungen für die Zuziehenden sowie für Kommunen und die übergeordnete Verwaltung abgeleitet, damit das Zusammenleben ein Erfolg wird.
Die Studie zeigt, dass es sich bei den neuen Interessierten am Landleben hauptsächlich um Akademiker_innen handelt, die in kreativen und wissenschaftlichen Berufen digital und ortsunabhängig arbeiten können. Der Großteil von ihnen wird durch den Wachstumsdruck in der Hauptstadt motiviert, sich nach Projekten im Umland umzuschauen. In den anderen ostdeutschen Flächenländern ist diese Bewegung bislang weniger sichtbar, da dort auch die größeren Städte noch bezahlbaren Platz für gemeinschaftliche Wohnformen bieten. Viele der Menschen möchten nicht allein mit ihrer Familie aufs Land ziehen, sondern suchen in größeren Gruppen nach neuen Formen des gemeinschaftlichen Wohnens und Arbeitens und wollen ihr neues Umfeld aktiv gestalten.
Das Spektrum ihrer Vorhaben reicht von gärtnerischen und landwirtschaftlichen Projekten bis hin zu Werkstätten und Coworking Spaces. Die Zugezogenen bringen aus ihrem Arbeitsalltag oftmals schon viele Erfahrungen darin mit, Gelder und Aufträge zu akquirieren – eine Expertise, von der die Gemeinden laut Studie profitieren können. Gründungsberatungen und die Förderung von Netzwerken junger Selbständiger oder Gründer können Wege sein, um die neuen Landbewohner_innen bei ihren Projekten zu unterstützen.
Für ein gelingendes Zusammenleben mit den gewachsenen Gemeinschaften ist gegenseitiges Vertrauen und Zusammenarbeit wichtig. Bürgermeister_innen und Verantwortliche vor Ort könnten aus dem Austausch mit Gemeinden, die bereits ein solches Wohnprojekt aufgebaut haben, für ihre eigenen Vorhaben lernen, so die Studie. Zentrale Ansprechpersonen in den Rathäusern seien hilfreich, um den Zuziehenden die Strukturen im Ort zu erklären. Kommunale Immobilienplattformen und spezialisierte Online-Foren könnten zudem darin unterstützen, leerstehende Objekte wie Bahnhöfe oder Plattenbauten, die für neue Nutzungsformen interessant sind, auch für Gemeinschaftsprojekte sichtbar zu machen.
Die Menschen aus den Gemeinschaftsprojekten wollen ihr neues Umfeld aktiv gestalten. Insbesondere das Thema nachhaltige Mobilität ist für viele ein zentrales Anliegen. Zugleich ist die Anbindung an eine Großstadt für alle, die nicht ausschließlich digital arbeiten können, ein wichtiges Kriterium für ihren Umzug. Die Studie empfiehlt, dass Gemeinden somit Ideen wie lokale Carsharing-Angebote oder Apps, über die sich Bewohner_innen zum gemeinsamen Fahren verabreden können, unterstützen sollten.
Vor allem im ländlichen Raum Ostdeutschlands ist der Internetanschluss noch immer keine Selbstverständlichkeit. Hier liegen besonders viele Landkreise, in denen nicht einmal die Hälfte der Haushalte mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde surfen kann. Für die Gründung eines Unternehmens, die Einrichtung von Gäste- und Seminarhäusern mit digitalen Arbeitsmöglichkeiten oder den Ausbau eines Coworking-Spaces sind das schlechte Voraussetzungen. Die Unterstützung der Länder und des Bundes, die den Ausbau des Glasfasernetzes auch in entlegenen Regionen vorantreiben, ist hierfür laut Studie unerlässlich.
Kleine Kommunen wie Herzberg in Brandenburg sehen in Digitalisierung und Homeoffice-Kultur eine Chance, den Strukturwandel voranzutreiben.
Zwei Selbstständige erzählen über den „Summer of Pioneers“ in der brandenburgischen Kleinstadt Herzberg und ihren neuen Alltag jenseits von Berlin.
Elies, Stefanie; Richter, Franziska
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