Aus Brüssel nichts Neues

Fünf Präsidenten von EU-Institutionen haben einen Bericht zur Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion vorgelegt. Mut war dabei nicht im Spiel.

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Im Juni dieses Jahres haben Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der Präsident des europäischen Rats, Donald Tusk, der Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, und der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, den sogenannten Fünf-Präsidenten-Bericht vorgestellt. Dieser will laut Titel nicht weniger als „die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“. Inwiefern die Pläne das Zeug dazu haben, analysiert Björn Hacker in einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Der Fünf-Präsidenten-Bericht sieht zunächst vor allem die Konsolidierung bereits bestehender Mechanismen vor; so soll der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM eine zentrale Rolle einnehmen. In einer zweiten Phase ab 2017 ist ein größerer Umbau in Planung, für welchen der Bericht verschiedene Vorschläge macht. Hacker kommt jedoch zu dem Schluss, dass die wenigsten davon neu sind. Stattdessen sei der Bericht eindeutig vom schwierigen Austarieren der nationalen Interessen bestimmt. Konkret werden die Autoren beim Thema Bankenunion. Diese soll zügig vollendet werden und neben der Möglichkeit zur Abwicklung von Banken auch eine gemeinsame europäische Einlagensicherung beinhalten. Letzterem Konzept steht unter anderem der deutsche Finanzminister ablehnend gegenüber.

Auch wollen die fünf Präsidenten den Trend, immer mehr Abkommen außerhalb des Gemeinschaftsrechts zu schließen, stoppen. Verschiedene, schon bestehende solcher Pakte sollen ins Gemeinschaftsrecht überführt werden, um eine weitergehende Spaltung Europas zu verhindern. Trotz dieser richtigen Stoßrichtung überwiegen die fehlenden Bausteine zu einer tatsächlichen und nachhaltigen Weiterentwicklung des europäischen Gebildes letztlich. So soll zwar zum Beispiel eine Fiskalkapazität und auch ein Fiskalausschuss eingerichtet werden. Dabei wird aber ein gemeinsames Versicherungssystem ebenso ausgeschlossen wie die Möglichkeit zur gemeinsamen Kreditaufnahme. Gerade letztere erscheint jedoch dringend notwendig, da die so genannten Krisenländer große Schwierigkeiten haben, am Kapitalmarkt Kredite zu vertretbaren Konditionen zu bekommen. Der geplante europäische Fiskalausschuss birgt darüber hinaus die Gefahr, dass einige wenige die haushaltspolitischen Regeln bestimmen. Dass es hier durchaus unterschiedliche – und auch sehr gut zu begründende – Sichtweisen gibt, wird nicht beachtet.

„Beschämend“ nennt der Autor die Ansätze bei der sozialen Dimension: Im Fünf-Präsidenten-Bericht würden Maßnahmen als sozial verkauft, welche de facto eine marktkonforme Liberalisierung vorantreiben und mitnichten einen Mindestsockel sozialer Schutzrechte darstellen. Stattdessen fordern die fünf Präsidenten ein höheres Renteneintrittsalter und die Ausweitung der Mobilität von Arbeitnehmer_innen. Hacker kommt zu dem Schluss, dass das Konzept insgesamt von einem Wettbewerbsmantra geprägt sei.

Warum der Bericht viel anschneidet, aber wenig konkretisiert, und weshalb Wolfgang Schäuble über alldem schwebt, können Sie hier in Björn Hackers Analyse nachlesen.

Den Fünf-Präsidenten-Bericht in deutscher Sprache finden sie hier.


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