Gemeinsam voran oder alleine untergehen!

Griechenlands Probleme sind vielschichtig. Von Emigration und Brain Drain bis zu mangelnden Investitionen und fehlender sozialer Sicherung. Sicher scheint nur eines: Ohne Solidarität in Europa geht es nicht mehr.

Bild: Bild: Griechenland Urheber: Bankenverband Lizenz: CC BY-ND 2.0

Die Krise in Griechenland hat zu desaströsen Veränderungen in der griechischen Gesellschaft geführt.

Millionen Griechinnen und Griechen sind arbeitslos und ohne soziale Absicherung. Das Resultat: Eine riesige Auswanderungswelle von Arbeitssuchenden. Und wie in den Sechziger- und Siebzigerjahren suchen erneut viele ihr Glück in Deutschland. Niedrig qualifizierte Arbeiter landen hier jedoch oft in prekären Beschäftigungsverhältnissen und werden dort ausgebeutet. Selbst die gut ausgebildeten griechischen Akademiker werden meist deutlich schlechter bezahlt als ihre deutschen Kollegen.

Um Lösungen für diese negativen Entwicklungen zu diskutieren, veranstaltete die Friedrich-Ebert-Stiftung am 4. Dezember in Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und der Vereinigung der Deutsch Griechischen Gesellschaften (VDGG) eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Neue Arbeitsmigration aus Griechenland. Gute Arbeit durchsetzen – Ausbeutung verhindern.“

Faire Bedingungen für Arbeitssuchende in Deutschland

Ein erster Ansatz: Im Rahmen der Veranstaltung wurde die, von DGB, VDGG und der Botschaft der Hellenischen Republik in Berlin herausgegebene Broschüre „Η γνώση προστατεύει“ (Wissen ist Schutz) vorgestellt. Der Leitfaden informiert nun auch in griechischer Sprache, wie Arbeitssuchende legale Arbeit unter fairen Bedingungen finden können und wohin sie sich im Falle von Ausbeutung wenden können. „Das muttersprachliche Beratungsangebot mit dem Fokus auf dem Arbeitsrecht hat sich bewährt“, so Dominique John, Leiter des Projektes Faire Mobilität beim DGB, das 2011 zum Schutz der Beschäftigten aus EU-Ländern gegründet wurde.

Bedarf an Verbesserung besteht jedoch selbst in den sechs bundesweiten Beratungszentren von „Fair Mobility“. Keine/r der Mitarbeiter_innen dort spricht bis jetzt griechisch. Auch bezüglich der Weiterqualifizierung der griechischen Arbeitsmigrant_innen besteht noch Luft nach oben. Ein breiteres Angebot und Klarheit bei der Anerkennung der griechischen Abschlüsse fordert Gundula Lesch vom Bundesvorstand der Deutschen Journalistinnen-Union bei ver.di.

Lösungen müssen in Griechenland selbst gefunden werden

Die Ursachen für die massive Emigration aus Griechenland können natürlich nicht nur in Deutschland bekämpft werden. Im zweiten der Teil der Veranstaltung diskutierten die ehemalige NRW-Europaministerin Angelica Schwall-Düren, Sigrid Skarpelis-Sperk, Präsidentin der VDGG, Annelie Buntenbach, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB, Thorben Albrecht, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Aris Radiopoulos, Leiter der Konsularabteilung der griechischen Botschaft in Berlin über notwendige Maßnahmen, die Griechenlands angeschlagene Wirtschaft wieder auf die Beine helfen sollen. Laut Radiopoulos ist die Schaffung von Arbeitsplätzen in Griechenland das effektivste Mittel, um das Problem zu bekämpfen.

Dafür benötige es Investitionen und Massenbeschäftigungsprogramme, so das einstimmige Urteil der Diskutanten. Der DGB hat mit dem „Marshallplan für Europa“ bereits ein konkretes Konzept vorgelegt. Eines der größten Probleme in Griechenland ist die mit knapp 50 Prozent  gewaltige Jugendarbeitslosigkeit. „Stecken wir Geld in die Jugend“, fordert Skarpelis-Sperk. Brüssel habe zwar sechs Milliarden Euro für Beschäftigungsprogramme für Jugendliche bereitgestellt, jedoch könnten die Mittel auf Grund der hohen bürokratischen Anforderungen nicht abgerufen werden, kritisiert Buntenbach.

Eine Abkehr der für Europa „unwürdigen“ Troika-Politik

Nichts weniger als die Abkehr der für Europa „unwürdigen Troika-Politik fordert Staatssekretär Thorben Albrecht. In Griechenland müssten Gewerkschaften gestärkt sowie ein funktionierendes Sozial- und Gesundheitssystem aufgebaut werden. Die finanziellen Mittel dafür könnten durch eine gemeinsame europäische Transaktionssteuer generiert werden, so Albrecht. Angelica Schwall-Düren unterstrich erneut ihre Forderung nach einer gemeinsamen europäischen Arbeitslosenversicherung. „Wir werden untergehen, wenn wir nicht zusammen voranschreiten“, mahnte die ehemalige Europaministerin. Den deutschen Bürger_innen müsse man dies deutlich machen.

Gute Nachrichten gibt es bezüglich des geplanten Deutsch-Griechischen-Jugendwerks. Der Beauftragte für die Anbahnung des DGJ, Rolf Stöckel, verkündete, dass drei Millionen Euro dafür im Bundeshaushalt für das nächste Jahr vorgesehen sind. Sollten die Gespräche mit der griechischen Seite positiv verlaufen, dann könnte das Jugendwerk 2016 mit der Arbeit anfangen.


Demokratisches Europa

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