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Mobilität | 5. Juli 2023 | Bericht von Ronny Arnold | Lesezeit: 5 Minuten
Bevölkerungswachstum, Pendlerströme, Wirtschaftsverkehr und der tägliche Tourismus sind eine riesige Herausforderung für Leipzig. Der Verkehr nimmt stetig zu, während der verfügbare öffentliche Raum begrenzt ist. Mit der „Mobilitätsstrategie 2030“ arbeitet die mit gut 600.000 Einwohner_innen größte und am schnellsten wachsende Stadt im Osten an Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung der Infrastruktur.
Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) hat sich seit seinem Amtsantritt 2020 dem Fahrrad verschrieben. Seitdem hat er Leipzig immer wieder zur Fahrradmetropole erklärt, etwa auf dem Weltfahrradgipfel „Velo-City 2023“. Die Stadt habe da eine lange Tradition, betont er immer wieder, leider fehle es aber immer noch am konsequenten Ausbau des Radwegenetzes. „Wir arbeiten daran, Kindern und Erwachsenen bis ins hohe Alter attraktive Verkehrswege zu eröffnen, Lücken zu schließen und die Hauptrouten zu verbessern.“
Insgesamt 51 Kilometer neue Radverkehrsanlagen sind bereits entstanden, also diverse Schutz- und Radfahrstreifen sowie frisch angelegte Radwege. Trotzdem müssen laut Dienberg weitere neue Verknüpfungspunkte im Umweltverbund geschaffen und ein Radnetz etabliert werden, auf welchem man die gesamte Stadt sicher mit dem Fahrrad durchqueren kann. Im dafür eingeplanten Paket liegt der Investitionsaufwand allein bei der Stadt bei jährlich rund 70 Millionen Euro. Darin stecken neue, zusätzliche Zweiradtrassen, Dutzende extra ausgewiesene, exklusive Fahrradstraßen und ein Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof. Das Motto: lückenlos und sicher.
Im Frühjahr 2023 entstanden in Leipzig mehrere grüne Radstreifen. Ein umstrittenes Projekt, weil am Hauptbahnhof – nach langer Diskussion in Medien, Stadt und Stadtrat – zwei von vier Spuren dem Autoverkehr weggenommen wurden und nun in Fahrstreifen für Radfahrer_innen umgewidmet sind, dazu Teile des Innenstadtrings. Thomas Dienberg und auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) wurden dafür wüst beschimpft. Die Bild-Zeitung titelte im April 2023 „Die Radspur-Lüge“. Die Opposition sprach von „Schikanen für Autofahrer“.
Dieser Plan tut nichts anderes, als das seit Jahren vorgegebene Ziel Leipzigs für 2030 zu konkretisieren und voranzutreiben. Denn bereits im September 2018 entschied sich die Ratsversammlung einstimmig für das „Nachhaltigkeits-Szenario“ als Leipzigs zukünftige Mobilitätsstrategie und stellte so die Weichen für die städtische Verkehrspolitik der nächsten Jahre. Da geht es um bedeutend mehr Nachhaltigkeit und eine lebenswerte Gestaltung der Stadt. Im Mittelpunkt steht die Förderung nachhaltiger Mobilität mit den Verkehrsmitteln des Umweltverbunds, also Fuß, Rad, Bus und Bahn sowie unterstützende Mobilitätsangebote als Alternative zum Auto.
Gleich zwei Ziele sollen so erreicht werden: eine deutlich verbessere Luft- und Lärmqualität sowie allgemein positivere Lebensbedingungen. Dies bedeutet laut Stadt, quantitativ einen Anteil des Umweltverbundes von 70 Prozent zu erreichen. In diesem Verbund sollen so zukünftig 23 Prozent auf den öffentlichen Personennahverkehr, 23 Prozent auf den Radverkehr und 24 Prozent auf den Fußverkehr entfallen. Gleichzeitig wird der Anteil des motorisierten Individualverkehrs auf 30 Prozent reduziert. Bei vielen Bürger_innen kommt das gut an, auf Nachfrage gingen mehr als 4.000 Hinweise ein, wo Verkehrskonzepte verbessert werden können. Viele der Ideen flossen bereits in den Entwicklungsplan ein, heißt es aus dem Leipziger Rathaus.
Das klare Ziel: Noch mehr Menschen sollen in den kommenden Jahren auf das Fahrrad umsteigen und sicher in ganz Leipzig unterwegs sein. Dafür müssen Problemstellen zwischen Radfahrenden, Fußgänger_innen und dem Autoverkehr entschärft werden. Allein 72 Maßnahmen betreffen Kreuzungen, wo mehr für die Sicherheit der Radfahrer_innen getan wird, etwa indem Auto- und Radverkehr zu unterschiedlichen Zeiten ein Grün-Signal erhalten und Aufstellflächen erweitert werden.
Und auch die Fahrradnutzung im Wirtschaftsverkehr soll gefördert werden. Hier geht es etwa um eine spezielle Infrastruktur für die Logistik in Form von sogenannten „Micro-Hubs“ – kleine Depots für Lastenrad-Kuriere und Zulieferer. „Damit sich alle Leipzigerinnen und Leipziger überall aufs Fahrrad trauen und sicher unterwegs sein können, brauchen wir ein flächendeckendes, sicheres und großzügiges Radwegenetz. Da sind wir erst am Anfang, aber auf einem guten Weg. Und unsere Wirtschaft wird nicht zusammenbrechen, wenn man in der Stadt auf Hauptverkehrsadern auch mal nur 30 km/h fahren kann“, sagt Oberbürgermeister Jung.
Am Ende geht es in all den Diskussionen, Plänen und Strategien rund um die mobile Zukunft Leipzigs auch um das Erreichen städtischer Klimaziele, etwa Feinstaubbelastungen und Emissionen dauerhaft zu reduzieren. Mit einer grünen Welle, also Vorfahrt für Fahrrad und ÖPNV, sei das sicher leichter zu erreichen.
Das jetzige Halbzeitfazit, auf halber Strecke bis 2030, fällt gemischt aus und zeigt das Dilemma vieler großer Kommunen mit Blick auf die Mobilität der Zukunft: Den einen geht es zu langsam voran, den anderen zu schnell. Oder um es mit den Worten von Thomas Dienberg zu sagen: „Es ist ambitioniert, keine Frage. Aber ich bin überzeugt, dass wir da auf einem wirklich guten Weg sind.“
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