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Energiewende | 4. September 2023 | Bericht von Simone Schnase | Lesezeit: 3 Minuten
Pfaffenhoffen will den Ausstoß an Treibhausgasen bis zum Jahr 2035 auf null reduzieren. Damit strebt die Stadt mit 27.000 Einwohner_innen die Klimaneutralität zehn Jahre vor dem bundesweiten (2045) und fünf Jahre vor dem bayernweiten (2040) Klimaziel an. Der Weg dahin funktioniert dank der guten Zusammenarbeit aller lokalen Akteur_innen.
In Pfaffenhofen engagieren sich Stadtverwaltung und Bürger_innen seit Jahrzehnten im Natur- und Klimaschutz – und waren ihrer Zeit hier selbst im internationalen Vergleich weit voraus (siehe Kasten). Grundstein und Auftakt für die Energiewende in der oberbayerischen Stadt war aber die Gründung des örtlichen Energie- und Solarvereins im Jahr 2008 – denn mit ihm wurde die Energiewende in Pfaffenhofen dann tatsächlich auch konkret. Das betont Markus Käser, SPD-Abgeordneter im Stadtrat Pfaffenhofen und Mitbegründer der Pfaffenhofener Bürger-Energie-Genossenschaft (BEG) im VORAN-Interview. Der Verein stieß die Gründung der BEG im Jahr 2012 an, die mit Hilfe direkter Beteiligung von Bürger_innen Projekte wie Photovoltaikanlagen auf Dächern kommunaler Gebäude oder auch das erste „Bürgerwindrad“ realisiert hat, das seit 2016 in Betrieb ist. Noch im gleichen Jahr begannen die Planungen für drei weitere genossenschaftliche Windräder, den „Bürgerwindpark“, mit dessen Bau allerdings erst in diesem Jahr begonnen werden konnte – die Realisierung wurde nicht nur durch die 10H-Regelung der bayerischen Bauordnung, sondern auch durch zahlreiche Artenschutz-Bestimmungen immer wieder verzögert.
Von Anfang an arbeiteten bei der Umsetzung der Klimaschutzziele alle lokalen Akteur_innen zusammen: Auf die Genossenschaftsgründung folgte die Erstellung eines städtischen Klimaschutzkonzepts und die Gründung der kommunalen Stadtwerke im Jahr 2013 mit dem Einstieg in den Strom- und Gasvertrieb auf Basis von Erneuerbaren Energien. Seit 2016 gehört die Mehrheit der Konzessionsanteile des Strom- und Gasnetzes in Pfaffenhofen den Stadtwerken. Die Wärmeversorgung wurde teilweise durch ein Biomasse-Blockheizkraftwerk mit Fernwärmenetz von Öl und Gas auf Erneuerbare Energien umgestellt, teilweise nutzen die Pfaffenhofener neben einem Holzkraftwerk mit Fernwärmenetz auch kleinere Anlagen auf Basis von Holzenergie, Biomasse, Klär- und Deponiegas, Solarthermie und Wärmepumpen.
Daneben nahmen die Stadtwerke gemeinsam mit der Stadt und der Energiegenossenschaft ein Pilotprojekt namens „Infinity One“ in Angriff, das auf die sogenannte „Power-to-Gas“-Technologie setzt: Auf dem Gelände des Pfaffenhofener Klärwerks ist im Rahmen des Projekts eine in Deutschland einzigartige Anlage entstanden, in der aus Faulgas Energie gewonnen wird.
Damit die Menschen immer transparent über den aktuellen Stand der Eigenversorgung mit Strom informiert sind, haben die Stadtwerke einen Energiemonitor online gestellt: Er stellt genau dar, welche regenerative Quelle wieviel Strom produziert und wieviel davon von Industrie und Gewerbe, kommunalen Anlagen oder Privathaushalten verbraucht wird. Im 15-Minuten-Takt lässt sich zudem ablesen, wieviel aus dem Stromnetz bezogen oder ins Stromnetz eingespeist wird.
Laut dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg hat die Stadt Pfaffenhofen die jährlichen CO2-Emissionen von rund sieben Tonnen pro Kopf und Jahr von 2010 bis 2018 auf fünf Tonnen gesenkt. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen unter drei Tonnen sinken bis hin zur Klimaneutralität im Jahr 2035.
Um das ambitionierte Ziel der Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen, hat der Pfaffenhofener Stadtrat im Februar 2022 einstimmig ein neues Klimaschutzkonzept verabschiedet. Es umfasst neben strengen energetischen Auflagen für Neubauten unter anderem zehn weitere Windräder und etwa 90 Hektar Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen, den Austausch von 230 fossilen Heizungsanlagen pro Jahr in Privathaushalten und die energetische Sanierung von jährlich 340 Bestandsgebäuden.
Als Sofortmaßnahmen beschlossen wurden Projekte zum Ausbau von Strom aus Sonne und Wind, unter anderem durch die Gründung einer „Windkraft-Gesellschaft", den Ausbau der Beratung für die energetische Sanierung von Gebäuden, die Schaffung von Sanierungsanreizen für private Hausbesitzer, den Ausbau der Infrastruktur für Fuß- und Radverkehr sowie die Umstellung auf eine klimaneutrale Verwaltung.
Die Pläne, die das im vergangenen Jahr verabschiedete neue Klimaschutzgesetz Pfaffenhofens umfasst, kosten viel Geld: 800.000 Euro pro Jahr sollen die Maßnahmen kosten, neue Stellen durch notwendiges zusätzliches Personal nicht eingerechnet. Mittelfristig sind im Konzept sogar Ausgaben in Höhe von 1,6 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. Das Geld soll aus dem regulären Haushalt Pfaffenhofens kommen, „natürlich unter Vorbehalt“, sagt Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker (SPD). Aktuell zum Beispiel leide die Stadt unter einem Einbruch der Gewerbesteuer-Einnahmen: „Wir verzeichnen hier ein Minus von zehn Millionen Euro für das Jahr 2023“. Dennoch hält er an den Klimaschutz-Plänen fest: „Die Summen, die wir aufbringen müssen, sind groß – aber sie sind nötig.“
Aber nicht nur die Energie-, sondern auch die Verkehrswende sollte in Pfaffenhofen eingeläutet werden: Seit 2018 ist der gesamte Öffentliche Personennahverkehr in der Stadt für die Fahrgäste kostenlos. Dadurch sollten die CO2-Emissionen noch weiter reduziert werden, die in Pfaffenhofen ohnehin bereits bei nur der Hälfte des Bundesdurchschnitts liegen. Allerdings haben sich die Fahrgastzahlen durch die kostenlosen Busse zwar verdreifacht, die Zahl der privaten Pkw in der mittlerweile auf 27.000 Einwohner_innen angewachsenen Stadt, ist hingegen kaum zurückgegangen. Hinzu kämen, sagt Bürgermeister Herker, noch die Einpendler_innen aus dem ebenfalls stetig angewachsenen Umland.
„Es gibt noch zu wenig schmerzhafte Maßnahmen, um den Pkw-Verkehr einzudämmen“, sagt er. Damit meint der Bürgermeister „eine vernünftige Parkraumbewirtschaftung, aber auch eine faire Verteilung der Fläche – zugunsten von Fahrrädern und des öffentlichen Nahverkehrs.“ Ein Problem sei, dass die Stadt Pfaffenhofen mit ihrem ÖPNV-Angebot einsam auf weiter Flur stehe: „Der umliegende Kreis hat eher einen organisierten Schüler- als einen tatsächlichen Nahverkehr.“ Aber das soll sich ändern, denn der Landkreis Pfaffenhofen plant laut dem Bürgermeister derzeit „ein Nahverkehrskonzept, das seinen Namen auch verdient.“ Anfang 2026 soll es umgesetzt werden, „dann haben wir einen gemeindeübergreifenden Nahverkehr mit den nötigen Schnittstellen“, sagt Thomas Herker.
Im Jahr 2011 wurde Pfaffenhofen zur lebenswertesten Stadt Deutschlands gekürt. Als einzige deutsche Stadt kam sie in das Finale der internationalen LivCom Awards der Vereinten Nationen – und errang im südkoreanischen Seoul in der Kategorie der Städte von 20.000 bis 75.000 Einwohner den ersten Platz. Zusätzlich erhielt Pfaffenhofen für sein vorbildliches Umweltmanagement den ersten Preis in der Kategorie „Best Environmental Practice“– und setzte sich damit gegen namhafte Städte wie Siena, Bordeaux, Bilbao, Ankara oder Nanjing durch.
Der Grund: Bereits damals hatte Pfaffenhofen seinen Landverbrauch durch Nachverdichtungen in der Innenstadt minimiert, Bäche renaturiert, ein ökologisches Vorzeigequarteier eingerichtet und seine Klimaschutzvorgaben übererfüllt. Damit war die Stadt in Sachen Natur- und Klimaschutz selbst im internationalen Vergleich ihrer Zeit weit voraus. Schon mehr als zwanzig Jahre zuvor gründete sich unter dem Dach der Pfaffenhofener BUND-Kreisgruppe ein „Arbeitskreis Energie“ (AKE), der mit Veranstaltungen wie den „Sonnen- und Energietagen“ globale Themen wie Klimaveränderung und endliche Ressourcen in den Fokus der Öffentlichkeit rückte.
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