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Von Petra Keller und Sarah Gräf
Die Ansprüche an gute Entscheidungen sind hoch: Sie sollen rational klug sein, moralisch gut, nachhaltig und am besten vom gesamten Team und der Organisation mitgetragen werden können. Die Rahmenbedingungen in vielen Non-Profit-Organisationen, wie eng gefasste Förderbedingungen, Knappheit von Ressourcen wie Zeit und Geld sowie gewachsene Strukturen und der Einbezug von ehrenamtlich Tätigen, führen in der Realität aber oft zu unklaren Entscheidungsmustern: Wer entscheidet hier was, mit wem und wer trägt am Ende die Verantwortung?
In diesem Thema im Fokus widmen wir uns der Frage, was eine gute Entscheidung eigentlich ausmacht. Insbesondere befassen wir uns mit Potentialen und Grenzen von partizipativen Entscheidungsmodellen im Non-Profit-Bereich. Wie verändert sich dadurch unser Bild von Führung? Wie kann ein Anfang geschaffen werden, wenn festgefahrene Prozesse verändert werden sollen?
Nachvollziehbare und transparente Entscheidungen zu treffen, ist besonders dann wichtig, wenn die Organisation beziehungs- und werteorientiert arbeitet. Gerade im Ehrenamt fallen in der Regel monetäre Anreize weg und das Gefühl der Selbstwirksamkeit spielt eine große Rolle. Trotzdem werden Entscheidungen oft nebenbei getroffen, dem Zufall überlassen oder die Organisation hängt in starren Hierarchien fest. Die Gründe dafür sind vielfältig:
In vielen Organisationen ist ein Wandel in der Rolle der Führungsebene zu beobachten. Gab es früher noch das Bild von der allwissenden Führungsperson, die alles entscheidet, geht heute die Tendenz zu kollaborativen Arbeitsformen und geteilter Verantwortung. Auch die Corona-Pandemie hat vielen Organisationen einen neuen Aufschwung gegeben, was neue und mitunter agile Arbeitsformen angeht. Was brauchen wir in diesen neuen Kontexten, um gute Entscheidungen treffen zu können? Fünf Schritte können hier helfen:
Intuition ist keine rein emotionale Kraft, sondern ein komplexer Prozess, der auf einer tieferen Verarbeitung von Informationen basiert. In einer sich schnell verändernden Welt kann die Intuition dabei helfen, sich flexibel an Veränderungen anzupassen. Eine erfolgreiche Entscheidungsfindung ist demnach eine Balance zwischen rationaler Einschätzung und Intuition. In Teams spielt die kollektive Intuition eine entscheidende Rolle, da hier mehrere Perspektiven miteinfließen. Führungspersonen geben hier den Rahmen vor, in dem Mitarbeitende gute Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen und sich entwickeln können.
Stefan Voth ist Gründungs- und Vorstandsmitglied vom Soziokratie Zentrum Deutschland und Trainer für Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg. Er unterstützt Organisationen als Trainer, Berater und Coach und arbeitet vor allem mit kleinen und mittelständischen Unternehmen, im pädagogischen Kontext, in Vereinen, Initiativen und Privatpersonen. Sein Fokus liegt auf der Soziokratie. Mit ihm sprechen wir über die Potentiale von partizipativen Entscheidungsmodellen für Non-Profit-Organisationen.
Partizipative Entscheidungsmodelle spielen in NPOs eine große Rolle, da unterschiedliche Perspektiven und Ideen darin einfließen können. Das bedeutet auch, dass sich Führungspersonen von dem Anspruch befreien, alles wissen zu müssen. Im besten Fall werden auch schwierige Entscheidungen von einer breiten Basis getragen, so dass sich Mitarbeitende und Ehrenamtliche auch persönlich mit der Organisation identifizieren können. In vielen Organisationen existieren viele unterschiedliche Entscheidungsmodelle nebeneinander. Zum Beispiel:
*) Autokratisches Entscheiden /Top down-Prinzip
Eine oder wenige Personen können schnell und in klarer Verantwortung Entscheidungen treffen. Von dieser Person/diesen Personen kann es eine starke Abhängigkeit geben.
*) (Systemisches) Konsensieren
Eine Gruppe ermittelt aus einer Reihe selbst entwickelter Lösungsvorschläge jenen, der in der Gruppe die geringste Ablehnung erfährt. Dieses Modell ermöglicht ein Ergebnis, das einem Konsens am nächsten kommt. Statt Zustimmung wird für jede einzelne Lösung das Ausmaß des Widerstands der Gruppe ermittelt.
*) Integratives Entscheiden
Hier werden Vorschläge schnell entwickelt und weiterentwickelt, verschiedene Standpunkte und ggf. Einwände integriert, immer mit dem Ziel, am Ende zu einem nutzbaren Ergebnis zu kommen. Der Prozess endet erst, wenn alle potenziellen Einwände integriert sind und das Ergebnis „safe enough to try“ ist.
*) Mehrheitsprinzip
Wenn sichergestellt ist, dass alle die gleichen Informationen haben, kann ein schnelles Meinungsbild abgefragt werden. Die Mehrheit setzt sich durch. Bei diesem Entscheidungsmodell kann ein Gefühl von gewinnen oder verlieren entstehen.
*) Kosten-/Nutzenanalyse
Potentielle Kosten und Risiken werden schematisch dem erwartbaren Nutzen gegenübergestellt. Verschiedene Modelle, angelehnt an die klassische Pro und Contra-Liste, helfen sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen bei einer informierten Entscheidungsfindung.
Thomas Noppen, Geschäftsführer bei GoVolunteer:
"Entscheidungen sollten bestmöglich informiert durch diejenigen sein, die ihre Umsetzung verantworten, auch auf ehrenamtlicher Ebene. Ehrenamtliche möchten in ihrem Engagement etwas bewirken und ihre eigenen Ideen einbringen. Hierarchische Strukturen, in denen nur hauptamtliche Mitarbeiter*innen Entscheidungen treffen, stehen dem schnell im Weg. Um Ehrenamtliche motiviert zu halten, sollten sie daher in Gestaltungsfragen, aber auch Entscheidungs- und Strategiefindungsprozesse einbezogen werden. Ein Format, das sich für uns bewährt hat, sind Treffen mit dem gesamten Team, bei denen Haupt- und Ehrenamtliche Ideen für die strategische Ausrichtung der Organisation einbringen können. Neben Formaten zur strategischen Abstimmung bieten wir darüber hinaus allen Mitarbeiter*innen regelmäßig die Möglichkeit, sich gegenseitig Feedback zu geben, sowohl anonym als auch persönlich. Auch das trägt dazu bei, dass sich Ehrenamtliche gehört und wirksam fühlen. Natürlich gibt es auch bei uns verschiedene Entscheidungsebenen, zum Beispiel beim Thema Budget. Da hier nicht alle mitreden können, sind Transparenz und klare Kommunikation dem Team gegenüber umso wichtiger. Grundsätzlich verfahren wir nach dem Prinzip, Entscheidungsrunden so groß wie nötig und so klein wie möglich zu halten. Jede dieser Runden sollte alle für eine gute Entscheidung nötigen Kompetenzen bündeln und die Perspektiven des restlichen Teams bestmöglich repräsentieren. Ebenso wichtig ist es, vorher Klarheit darüber zu schaffen, wer in der Organisation in welche Entscheidungen einbezogen wird (und wer nicht). Transparenz und offene Kommunikation sind bei unangenehmen oder schwierigen Entscheidungen besonders wichtig. So kann Nachvollziehbarkeit und Verständnis für die Entscheidung geschaffen werden. Viele Non-Profit-Organisationen erleben solche Situationen etwa, wenn Stellenbudgets aufgrund befristeter Förderprojekte auslaufen. Auch wenn kaum jemand begeistert ist, wenn die eigene Stelle wegfällt, kann frühzeitige, klare Kommunikation über Perspektiven, die sich aus der Abhängigkeit von Spenden- und Fördergeldern ergeben, zu mehr Vorhersehbarkeit beitragen und so Enttäuschungen vorbeugen."
Hier wird das Brainstorming umgedreht: Was muss passieren, damit genau das Gegenteil passiert? Alle Ideen werden danach wieder ins Positive verkehrt.
weitere Informationen
Eine Gruppe diskutiert in zwei Stuhlkreisen zu einer Frage. Menschen aus dem äußeren Kreis können nach einiger Zeit im inneren Kreis mitdiskutieren.
Ideen werden früh getestet, um neue Einsichten zu gewinnen. Dadurch entsteht ein besseres Verständnis für das Problem und mögliche Lösungen.
Aufstellung zur Entscheidungsfindung bei Entweder/Oder-Fragen, die weg von der rationalen Ebene auf der Körperebene stattfindet.
Bessere Entscheidungen dank Intuition, Diversität und Würde - Der Podcast "Entscheidungsnavigator" mit Elke Pichler
Wie reagieren Menschen auf wachsende Komplexität - Youtube-Video mit Prof. Peter Kruse
Wie funktioniert Integratives Entscheiden - New Work Glossar
Wann ist etwas "Safe Enough To Try" - New Work Glossar
Methoden für Partizipation - Partizipation.at, Initiative des BMK Österreich
Die Methode Systemisches Konsensieren - Institut für Systemisches Konsensieren
Entscheidung - Dietmar Huebner, In: Neues Handbuch philosophischer Grundbegriffe
Das MuP-Thema im Fokus "Organizing und Engagement" zeigt, was sich hinter Organizing verbirgt und wie es angewandt wird.