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Mit Herzblut den Klimaschutz vor Ort voranbringen

Sabrina Wolf über das erfolgreiche Projekt „Klimaschutz in kleinen Kommunen und Stadtteilen“ (KlikKS)

Energiewende | 5. Dezember 2024 | Interview von Julia Egleder | Lesezeit: 6 Minuten

 

Das Projekt KlikKS ist im Jahr 2022 gestartet. Wie funktioniert das Konzept?

Sabrina Wolf: Klimaschutzpat_innen sind Bürger_innen, die sich in ihren Gemeinden und Stadtteilen ehrenamtlich für den Klimaschutz engagieren. Das Konzept KlikKS vereint die beiden Bereiche Klimaschutz und Ehrenamt. Der Gedanke dahinter ist, dass Klimaschutz vor allem in den Kommunen geschieht. Diejenigen, die in den Kommunen leben, wissen am besten, was vor Ort gebraucht wird und machbar ist und was nicht. Deshalb ist der Erfahrungsschatz dieser Ehrenamtlichen so wertvoll.

Dazu kommt, dass diese eine hohe Motivation mitbringen und in ihren Gemeinden bekannt sind. Das öffnet mitunter nicht nur (kommunale) Türen, sondern kann auch eine Multiplikatoren-Wirkung haben, sodass neue Mitstreiter_innen gefunden werden können. Die erste Herausforderung für uns war es, die ersten Klimaschutzpat_innen zu finden. Das haben wir durch aktive Pressearbeit und Aufrufe in den Kommunen gestemmt.

Wie genau unterstützen Sie die Klimaschutzpat_innen?

Wir, also die Energie- und Klimaschutzagenturen, haben die Freiwilligen, die sich gemeldet haben, geschult und ihnen Know-how an die Hand gegeben. Es gab Trainings etwa zu Fragen des kommunalen Klimaschutzes oder zu Veranstaltungsformaten, mit denen man die Menschen vor Ort einbinden kann.

Die Klimaschutzpat_innen genießen eine sogenannte Eins-zu-Eins Betreuung, das heißt sie können sich jederzeit an uns wenden, wenn sie eine Veranstaltung planen wollen oder Infomaterialien zu einem bestimmten Thema brauchen.

Wir haben in den Energie- und Klimaschutzagenturen Expert_innen zu vielen verschiedenen Themen und diese kommen dann zu der Veranstaltung vor Ort.

Welche Rolle haben die Pat_innen vor Ort?

Sie sind sozusagen Multiplikator_innen für den Klimaschutz. Angeleitet mit dem Wissen, das wir bieten, stoßen sie Klimaschutzprojekte vor Ort an. Das können Biodiversitätsprojekte sein, Kleidertauschbörsen, Repair-Cafés oder Mitfahrbänke. Das sind Bänke am Straßenrand, auf die sich alle setzen können, die gerne mitgenommen werden möchten.

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie Klimaschutzpat_innen vor Ort aktiv werden können. Das kommt auch immer auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort an.

Haben Sie denn genug Freiwillige gefunden?

Ja, das Interesse war sehr groß! Hier in Rheinland-Pfalz haben sich doppelt so viele Interessent_innen gemeldet wie wir an Plätzen für die Eins-zu-eins-Betreuung haben. In anderen Bundesländern war es ähnlich.

Sind Sie mit dem Engagement der Ehrenamtlichen zufrieden?

Ja, sehr! Es ist schier unglaublich, wie viel Herzblut und Motivation viele Klimaschutzpat_innen in ihre Tätigkeit geben. Alle wollen in ihren Kommunen etwas voranbringen und die meisten haben schon viele verschiedene Aktivitäten organisiert, etwa Informationsveranstaltungen zu unterschiedlichen Themen, Blühwiesen gepflanzt, oder die Installation von PV-Anlagen auf kommunalen Dächern vorangebracht.

Übrigens haben wir eine Umfrage unter den Klimaschutzpat_innen gemacht, wie sie selbst ihre Arbeit einschätzen. Da kamen sehr positive Ergebnisse heraus: 83 Prozent würden die Idee, mit Klimaschutzpat_innen zu arbeiten, weiterempfehlen und 81 Prozent planen weitere Maßnahmen zum Klimaschutz vor Ort.

Welche Aktivitäten laufen besonders gut?

Am häufigsten wurden Infoveranstaltungen zu verschiedenen klimapolitischen Themen umgesetzt. Zum Beispiel zum Einsatz von regenerativen Energien vor Ort, zum Heizungstausch oder zur energetischen Gebäudesanierung. Was auch sehr häufig gemacht worden ist und immer ein schöner Erfolg war: Biodiversitätsprojekte. Menschen trafen sich, um gemeinsam eine Blühwiese anzulegen. Und später erfreute sich dann der ganze Ort an der Blumenpracht. Aus diesen Gruppen entstanden dann oft neue Initiativen, man kannte sich ja schon von der gemeinsamen Pflanzarbeit.

Und welche Aktivitäten funktionieren nicht so gut?

Projekte im Bereich Verkehr sind schwieriger umzusetzen. Neue Radwege zu bauen oder eine Umgehungsstraße – das ist kompliziert. Viele Akteur_innen sind involviert, viele Gesetze und Regelungen müssen beachtet werden. Wir raten aber natürlich unseren Klimaschutzpat_innen nicht davon ab, Verkehrsprojekte zu verfolgen. Wir sagen nur, dass man da einen sehr langen Atem und oft auch eine große Frustrationstoleranz haben sollte.

Mit welchen Hürden haben die Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit zu tun?

Die Klimaschutzpat_innen sind mit ihrer Tätigkeit in der Regel sehr zufrieden. Da sie aber sehr eng mit den Kommunen zusammenarbeiten, kommt es hin und wieder zu Irritationen. Ein Beispiel ist, dass Entscheidungen in Behörden einfach länger dauern, weil die Rechtssicherheit geprüft werden muss oder aufgrund von Personalmangel. Das steht der Ungeduld der Klimaschutzpat_innen, die ihre Ideen schnell verwirklichen wollen, mitunter entgegen. Aber bislang haben sich immer gute und konstruktive Lösungen gefunden.

Wir organisieren auch Austauschrunden per Videokonferenz, bei denen die Klimaschutzpat_innen von ihren Erlebnissen erzählen können, auch worüber sie sich geärgert haben. Oft haben dann andere Tipps, wie sie ein ähnliches Problem gelöst haben.

Und wie empfinden die Pat_innen den Umgang mit Einheimischen vor Ort?

Die Klimaschutzpat_innen kennen ihre Mitbürger_innen gut. Meist haben sie ein Gefühl dafür, wer als Mitstreiter_in infrage kommen könnte und wer nicht. Die Zukunftswerkstatt ist zum Beispiel ein geeignetes Veranstaltungsformat, mit dem man herausfinden kann, was die Teilnehmenden bewegt und was sie sich für die Gemeinde wünschen. Auf Basis der Ergebnisse aus der Zukunftswerkstatt können sich dann Gruppen bilden, die die verschiedenen identifizierten Themen bearbeiten. Das funktioniert nach unserer Erfahrung sehr gut.

KlikKS läuft noch bis zum 28. Februar 2025. Die Nationale Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft hat das Projekt in drei Jahren Laufzeit mit 2.542.471 Euro gefördert. Was passiert danach?

Das ist noch nicht ganz klar. Die verschiedenen involvierten Akteure überlegen sich gerade, wie dieses erfolgreiche Projekt weitergetragen werden kann.

 

Sabrina Wolf leitet das Projekt KlikKS, „Klimaschutz in kleinen Kommunen und Stadtteilen“ in Rheinland-Pfalz. Klimaschutz durch Ehrenamt ist die Idee hinter dem seit 2022 laufenden Projekt, das es mittlerweile in acht Bundesländern gibt: Baden-Württemberg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen. Durch KlikKS sollen auch kleinere Kommunen und Stadtteile mithilfe von ehrenamtlichen Pat_innen Projekte direkt vor Ort verwirklichen. Aktuell gibt es 399 Klimaschutzpat_innen, 170 Kommunen beteiligen sich bundesweit. Bislang haben sie 541 Projekte umgesetzt. Bereits 2018 startete in Rheinland-Pfalz der Vorläufer „KlikK aktiv“, der 2021 mit dem „Climate Star“ des europäischen Städtenetzwerks ausgezeichnet wurde.

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