Diese Fragen wurden von Fabian Ceska von Detox Identity, Bildungsreferent für profeministische Männlichkeitsarbeit und Rassismuskritik, Sonja Eismann, Redakteurin von der feministischen Zeitung Missy Magazine, Omelie Impundu, Politologin und Julia Monro, Aktivistin und Beraterin für geschlechtliche Vielfalt, aufgegriffen und diskutiert. Moderiert von Fatima Remli, Autorin, Moderatorin und Podcasterin, wurden unterschiedliche Blickwinkel und Perspektiven dabei beleuchtet.
Eine einzige Definition von Feminismus gibt es nicht, aber es kann festgehalten werden, dass der Feminismus als erfolgreichste soziale Bewegung bereits zahlreiche Lösungen und Visionen für eine gerechtere, freiere und solidarischere Gesellschaft geschaffen hat. Dabei muss der Feminismus ganz klar intersektional betrachtet werden und steht in enger Verbindung mit Themen wie Klassismus, Rassismus und Sexismus. Dies macht die Politolog_in Omelie Impundu anfangs deutlich. Für sie bedeutet Feminismus „die Gleichheit und Gleichwertigkeit aller Frauen. Der Fokus liegt für mich dabei auf allem, unabhängig von Klasse und Hautfarbe“. Neben weißen Feminist_innen müssen die Ideen und Konzepte von Schwarzen, indigenen und Feminist_innen aus der LGBTIQ*-Community stärker in den Diskurs aufgenommen werden. Sonja Eismann fügt hinzu, dass man in Bezug auf die Ressourcennutzung und dem Umgang mit Natur und Tieren besonders viel von indigenen Feminist_innen lernen kann. Julia Monro versteht unter Feminismus einen Kampf gegen das Patriachat: „Ich glaube, dass das ganze System von Patriarchalismus durchdrängt und es Teil des Feminismus ist, dies aufzubrechen“. Fabian Ceska gab den Impuls, unter Feminismus die Notwendigkeit von nicht betroffenen Personen Solidarität und Verantwortung zu zeigen und zu verstehen. Männer müssen sich mit ihrem Privileg offen gegen Sexismus stellen. „Feminismus hat wichtige Antworten auch für Männer. Denn auch sie leiden unter toxischer Männlichkeit“.
Sonja Eismann ergänzt, dass Feminismus auch als Antrieb gelten kann. „Der Kampf um die Gleichberechtigung war wie ein Stachel in meinem Fleisch. Es hat mich immer angetrieben“. In den letzten 150 Jahren seit der Entstehung des Feminismus ist eine Weiterentwicklung deutlich zu erkennen. Doch es gibt immer noch Lücken wie beispielsweise den Gender-Pay-Gap oder die ungleiche Verteilung von Care Arbeit. In Bezug auf Feminismus trifft man oft auf feste Strukturen, welche weder die Vielfalt der Geschlechter noch Themen wie Rassismus betrachten. Aufgrund dessen ist es besonders wichtig, in Bezug auf den Feminismus klare Maßstäbe zu setzen, um sicherzustellen, dass die Gleichberechtigung aller Geschlechter realisiert wird und Diskriminierung bekämpft wird, indem das Thema Vielfalt weitergebracht wird.
Vor dem Hintergrund der geschlechtliche Selbstbestimmung von Transpersonen kritisiert Julia Monro die aktuelle Rechtslage und plädiert für das Selbstbestimmungsgesetz, welches es trans* Personen erleichtert, den Namen und das Geschlecht zu ändern. Sie betonte, dass „das Recht selbst über seinen Körper zu bestimmen, eine Chance für den Feminismus“, denn hier sind parallele Diskussionen und Anliegen zu finden. Omelie Impundu kritisiert die unzureichende Rechtslage in Bezug auf häusliche Gewalt an Frauen. „Über 110 Femizide in Deutschland konnten durch die Gesetzeslage nicht verhindert werden“.
Der Rechtsextremismus ist stark verbreitet und richtet sich vor allem gegen Schwarze Menschen und Menschen aus der LGBTIQ*-Community. Dabei spielen die sozialen Medien eine wichtige Rolle. Monro fügt hinzu, dass auf der Plattform TikTok Jugendliche viermal häufiger von rechts beeinflusst werden. Auch Frauen sind stark von Hass und Sexismus in den soziale Medien betroffen. „Frauen haben ein 27% höheres Risiko im Internet beleidigt zu werden“ ergänzte Sonja Eismann. Mediensensibilisierung ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig, um insbesondere junge Menschen vor Desinformationen zu schützen und rechten Gedankengut keinen Platz zu geben.
Fabian Ceska bringt mit dem Projekt „Detox Identity“ die pädagogische Perspektive mit in den Diskurs und erklärt, dass es in Bezug auf Antifeminist_innen von besonderer Wichtigkeit ist, durch gemeinsame Gespräche Menschen in ihren eigenen Lebensrealitäten abzuholen, um sich somit mit den eigenen Diskriminierungen und Erfahrungen auseinanderzusetzen. Dadurch die Entwicklung von gemeinsamen Methoden und durch Empathie können beispielsweise Verbindungen zwischen Transfeindlichkeit und Rassismus herausgefunden werden, um so Solidarität und Empathie zu schaffen.
Abschließend kam die Frage auf, ob der Feminismus aktuell von einer Identitätskrise betroffen ist. Trotz der zahlreichen Krisen ist es wichtig, im Alltag auf Sexismus, Rassismus und Transfeindlichkeit aufmerksam zu machen. Es ist entscheidend in Debatten reinzugehen, aber dabei die Solidarität nicht zu vergessen. „Identitätskrisen haben auch etwas Positives, nämlich die Möglichkeit von Veränderungen. Wenn der Feminismus eine Identitätskrise hat, dann ist das eine Chance, die uns weiterbringt“. Was die Diskussion ganz klar gezeigt hat, ist das bell hooks recht hat, wenn sie sagt, „kommt näher, ihr werdet sehen, Feminismus ist für alle“.
Zum Abschluss gab es noch vier Bücherecken. Hier konnten die Teilnehmenden direkt in den Austausch mit den vier Referent*innen gehen, die Bücher zum jeweiligen Thema bzw. aus unterschiedlichen Perspektiven vorgestellt haben. Hier hatte man auch die Gelegenheit, Fragen zu stellen, eigene Ideen miteinzubringen oder sich einfach zu vernetzen.
Denn starke feministische Netzwerke brauchen wir auch in Zukunft.
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